nach den Farben der Raureif

im ersten Raureif Bilder meines Sommers
sie spiegeln mein Erinnern an neulich
eine flüchtige Sonne hat sie in den Farben
des Herbstes auf wandelnde und bald
fallende Blätter gezeichnet
die sich im Sinken dem Vergehen nähern
lautlos tropfen sie als Zeichen des Verfalls
von der Gleichmäßigkeit des Zeitenwindes
beständig geschaukelt auf einen Boden
der den Schnee schon auf sich fallen sieht

und du
die du wie ich die Falten zählst im Gegenlicht
des tagsüber tauenden Raureifs
du hast dir dein Haar schon gebürstet
wie ich
wenn die Kälte kommt
möchten wir schön sein
farbig und prächtig wie die Laubbäume
im Oktober
unsere Gedanken sind geerntet
gekeltert
unsere Haut färbt sich dem Ende zu
wo kein Frühling mehr wartet

 

Karl Johann Müller

 

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